Fraport-Flughäfen: Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste

Von Ralf Kliche
Entschädigungsforderungen an den Staat für Corona-Verluste

Kaum hat am 1. Juli der internationale Flugverkehr an den griechischen Flughäfen wieder begonnen, legt die deutsche FRAPORT als Betreiber von 14 Regionalflughäfen eine Rechnung für entgangene Profite vor. Einem Bericht der Kathimerini zufolge hat FRAPORT für das erste Halbjahr 2020 einen Verlust von 175 Mio. US-Dollar errechnet und möchte diesen Verlust nun vom griechischen Staat ersetzt bekommen. (1) Grundlage dieser Forderungen ist der Überlassungsvertrag, durch den 2017 die 14 Regionalflughäfen für 40 Jahre von FRAPORT gepachtet wurden. Die Privatisierungsmaßnahme war Bestandteil der Voraussetzungen, die die Troika von Griechenland in der Krise für die Gewährung von Krediten verlangt hatte. Als die Details des Vertrages damals bekannt wurden, gab es bei den Privatisierungsgegnern laute Kritik daran, dass unabhängig vom Kaufpreis alle Vorteile bei FRAPORT und alle Nachteile und Risiken auf griechischer Seite liegen. Die jetzt vorgelegte Forderung legitimiert sich aus genau diesen Regelungen und bestätigt so die Berechtigung dieser Kritik. Demnach kann der Pächter finanzielle Einbußen geltend machen, wenn Ereignisse höherer Gewalt eintreten – und als solche ist der Zusammenbruch des Luftverkehrs in Folge der Corona-Einschränkungen zu zählen.

Im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2020 reduzierte sich das Passagieraufkommen in Griechenland um 84%, bei Auslandsflügen sogar um 99,9%. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sank es im April 2020 von ca. 1,5 Mio. Passagieren auf nur 10.000 (99,3%) und im Mai um 98,4 %.

Dieser Einbruch hat FRAPORT in der Tat schwer getroffen und die ursprünglichen Planungen über den Haufen geworden. Mit der erstmals für 2022 anvisierten Ausschüttung einer Dividende an die deutsche Muttergesellschaft wird es so wohl nichts werden. Dabei hatte die einschlägige deutsche Presse noch Mitte 2019 die erfolgreichen Geschäfte gefeiert. (2) Angesichts des niedrigen Kaufpreises von 1,2 Mrd. Euro (+ jährlicher Konzessionsabgabe) und trotz der vertragsgemäßen Investitionen für den Umbau (zugesagt 330 Mio., lt. FRAPORT sind tatsächlich Investitionen von 400 Mio. nötig) hatten die über Plan gewachsenen Passagierzahlen zu deutlichem Wachstum geführt. In ihrem Geschäftsbericht hatte FRAPORT für das erste Halbjahr 2019 einen Umsatz von 206,2 Mio. Euro ausgewiesen, das war gegenüber 2018 eine Steigerung von 45,5%. Der Profit vor Steuern (EBITDA) wuchs im gleichen Zeitraum um 13,3% auf 46,8 Mio. Euro. Dass trotzdem im Gesamtergebnis ein Verlust von 19,2 Mio. Euro ausgewiesen wurde, lag an den vorgenommenen Investitionen. Der verantwortliche FRAPORT-Manager Zinell gab jedenfalls noch 2019 an, dass Kaufpreis und Investitionen „irgendwann zwischen 2027 und 2033“ wieder erwirtschaftet seien. Mit anderen Worten: Nach maximal 15 von 40 Jahren wirft das Flughafengeschäft für 25 Jahre Profite ab.

Diese Aussichten sind jetzt zunächst einmal perdu. Gemäß der im Pachtvertrag niedergeschriebenen Losung: „Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste“ sollen jetzt andere zahlen: Es wird entweder auf die griechischen Steuerzahler hinauslaufen oder auf die europäischen insgesamt, wenn Zuschüsse aus dem EU-Wiederaufbaupaket dafür verwendet werden sollten.

In jedem Fall hat FRAPORT seine Zahlungsverpflichtungen an den griechischen Staat schon jetzt zurückgestellt. Aus dem Vertrag muss FRAPORT nämlich eine jährliche Konzessionsabgabe über ca. 22,9 Mio. Euro an den griechischen Staat zahlen (hinzu kommt ein umsatzabhängiger Anteil von 28,63% des Vorsteuergewinns). Diese Zahlung hat FRAPORT mit Verweis auf Corona zunächst zurückgestellt, was gemäß Vertrag für einen Zeitraum von sechs Monaten gegen eine Zinserhöhung um 0,5 % durchaus möglich ist.

Die griechische Regierung hat den Forderungen des Unternehmens noch nicht zugestimmt, offensichtlich sind beide Seiten in Verhandlungen, über deren Verlauf allerdings bisher wenig bekannt ist. Ein offizielles Schieds- oder Gerichtsverfahren soll wohl vermieden werden. Hinsichtlich eines möglichen Ergebnisses kann vielleicht ein anderes Verfahren als Muster diesen. Die vorliegende Schadenersatzforderung von FRAPORT ist nämlich nicht die erste: Bereits bei der Übernahme der Flughäfen 2017 hatte das Unternehmen Schadensersatz über 74 Mio. Euro verlangt, weil der griechische Staat die Flughäfen nicht in dem vertraglich zugesagten Zustand übergeben hätte. Damals einigte man sich auf einen Kompromiss über 27 Mio. Euro. (3)

Quellen / Anmerkungen:
(1) https://www.kathimerini.gr/1085395/article/oikonomia/epixeirhseis/apozhmiwsh-logw-apwleias-tziroy-175-ekat-zhtei-h-fraport?
(2) https://www.welt.de/wirtschaft/article196456055/Fraport-Greece-Erste-Dividende-im-Jahr-2022.html
(3) https://www.imerodromos.gr/apozimiosi-27-ekatommyrion-eyro-sti-fraport-gia-kazanakia/

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5 Antworten zu Fraport-Flughäfen: Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste

  1. kokkinos vrachos schreibt:

    Moin und Kalimera, der Einkauf diverser Regionalflughäfen durch Fraport während der Finanzkrise war schon ein Schäuble-, also Schurkenstück an sich, aber es geht immer noch eine Nummer dreister. Die kriminelle Vereinigung Fraport fordert von Griechenland 175 Mio. Euro „Entschädigung“ wegen Umsatzeinbruch durch Corona.

    Deutschland, zahl deine Nazischulden!

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  2. Jan schreibt:

    Kapitalismus as its best und Fraport ist der letzte Verbrecherkonzern!

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